2. Preis: Mathematik mit Spiel und Spaß

 

Mathematik? Für viele Kinder klingt das Fach trocken und schwierig. Doch an einem Freitagnachmittag oder Samstagvormittag in Stuttgart hört man Lachen und Jubel: In einem Gemeindesaal würfeln und knobeln Kinder begeistert mit Zahlen. Was aussieht wie ein fröhlicher Spielenachmittag, ist Teil des Projekts „Mathematik mit Spielen und Spaß“ – einer Initiative, die Mathematik zum gemeinsamen Abenteuer macht. Getragen vom gemeinnützigen Verein Integral e. V. (Stuttgart), der sich der Förderung von Mathematik- und Naturwissenschaftsinteresse bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund widmet, hat dieses Projekt beim Jugendbildungspreis „Dein Ding“ 2025 den zweiten Platz belegt.

Viele Kinder – vor allem jene, die neu in Deutschland sind – entwickeln Angst vor Mathematik oder fühlen sich unsicher im Unterricht. „Mathematik mit Spielen und Spaß“ will das ändern. Die Projektidee ist so einfach wie wirkungsvoll: Mit spielerischem Lernen sollen Kinder die Scheu vor Zahlen verlieren. In regelmäßigen Treffen nähern sich die Teilnehmenden der Welt der Mathematik durch Spiele, Rätsel und gemeinsames Knobeln. So werden Rechenfertigkeiten quasi nebenbei trainiert, und Konzentration sowie logisches Denken und die eigene Kreativität gefördert. Auch Sprach- und Sozialkompetenzen kommen nicht zu kurz – beim Erklären der Spielregeln und im Miteinander lernen die Kinder ganz selbstverständlich Deutsch und Teamwork. Das Ziel des Projektes war es durch den spielerischen Ansatz die Angst vor Mathe zu nehmen und den Spaß am Fach zu wecken. Und tatsächlich: Mathe wird hier zum Spaß- statt zum Stressfaktor.

Eine Besonderheit von „Mathematik mit Spielen und Spaß“ ist die starke Jugendbeteiligung. Zehn Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Jahren – selbst alle mit Migrationshintergrund – haben das Projekt von Anfang an geplant und geleitet. Unterstützt vom Integral e. V. entwickelten sie eigenständig das Konzept, wählten geeignete Spiele aus und organisierten die Treffen. Die Motivation der jungen Projektleiterinnen und Projektleiter war hoch: Viele von ihnen kennen die Herausforderungen beim Lernen in einer neuen Sprache aus eigener Erfahrung. Zeigen, dass Mathe Spaß machen kann – gerade für Kinder, die vielleicht Angst davor haben lautet hierbei die Devise. Mit viel Herzblut und Geduld wurden die Jugendlichen so zu Mathe-Mentoren und Vorbildern für die jüngeren Kinder. Sie investierten freiwillig ihre Freitagnachmittage und Samstagvormittage, um etwas zurückzugeben und gemeinsam etwas zu bewegen.

Knapp ein Jahr lang, von Januar bis Dezember 2024, hieß es fast jede Woche: Freitag nach der Schule und Samstag am Vormittag wird gespielt und gerechnet. In diesen regelmäßigen Treffen verwandelten die Jugendlichen die Freizeiträume der russisch orthodoxen Kirche Hl. Nikolaus in Stuttgart-West in ein kleines Spieleparadies. Bunte Würfel, Karten und sowie Spiel- als auch Arbeitsblätter lagen bereit, und die Tische füllten sich mit neugierigen Kindern – insgesamt 42 Mädchen und Jungen im Alter von fünf bis zwölf Jahren, darunter auch einige kürzlich aus der Ukraine geflüchtete Kinder. Zu Beginn jeder Einheit erklärten die jugendlichen Leiterinnen und Leiter die Spielregeln: Mal ging es um ein Zahlenpuzzle, mal um ein spannendes Rechenspiel mit kleinen Preisen für richtige Lösungen. Dann wurde in gemischten Gruppen gespielt, gelacht und fleißig gerechnet.

Am Ende dieses ereignisreichen Jahres steht ein einstimmiges Fazit: Gemeinsam spielen und lernen lohnt sich. „Das gemeinsame Lernen erwies sich als motivierend und effektiv – die Freude am Spiel begeisterte sowohl Kinder als auch Organisatoren“, lautet das glückliche Resümee des Projektteams. Viele der Teilnehmenden konnten sogar ihre Rechenfähigkeit deutlich verbessern. Die ansteckende Begeisterung und der spürbare Lernerfolg haben auch die Jury des Jugendbildungspreises überzeugt. In diesem Projekt haben junge Leute nicht nur ein Problem erkannt, sondern auch selbst die Lösung gestaltet – und damit Vorbildliches geleistet. Die Geschichte endet dabei nicht mit der Preisverleihung: Motiviert vom Erfolg planen die Jugendlichen bereits die nächste Runde. Im kommenden Folgeprojekt wollen sie gezielt an den Sprachhürden arbeiten, die sie beobachtet haben, und so noch mehr Kindern den Zugang zur Mathematik und vor allem zu Textaufgaben erleichtern. Mit Teamgeist, Kreativität und Herz haben diese jungen Engagierten bewiesen, dass Mathe lernen alles andere als langweilig sein muss.

 

Statement der Jury:

 

„Uns hat besonders beeindruckt, wie dieses Projekt zeigt, dass Mathematik Brücken bauen kann. Wenn Jugendliche besonders Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund Mathe mit Spiel und Spaß näherbringen, entsteht echter Zusammenhalt. Hier werden Probleme erkannt und innovativ gelöst, so wird aus Vielfalt Gemeinschaft und aus Randgruppen Teilhabe.“

Jonas Dehmel & Selin Akin, Dachverband der Jugendgemeinderäte Baden-Württemberg